Unsere Bildungseinrichtungen zielen darauf ab, dass wir fehlerfrei und makellos funktionieren. Viele von uns haben den Rotstift, mit dem Fehler angezeichnet wurden, in unerfreulicher Erinnerung. Ganz anders Bertrand Russel:

„Wer wirklich Autorität hat, wird sich nicht scheuen, Fehler zuzugeben.“

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Lösungen finden statt Schuldige suchen

„Sei perfekt!“ ist einer der mächtigsten Stressverstärker. Dementsprechend fällt es vielen von uns schwer, Kritik anzunehmen und für Fehler Verantwortung zu übernehmen. Daher tappen wir leicht in die Fallen der Rechtfertigung, des Schmollens und Trotzens. Weit verbreitet ist die Unkultur, Schuldige zu suchen und diese dann entwürdigend an den Pranger zu stellen. In der Buddhistischen Praxis gibt es den Grundsatz:

„Wer von einem vergifteten Pfeil getroffen ist,
soll sich nicht zuerst nach dem Schützen erkundigen,
sondern unverzüglich seine Wunde von einem fähigen Arzt versorgen lassen.“

Das bringt das NIPSILD-Prinzip von Andreas Ackermann auf den Punkt: Nicht In Problemen Sondern In Lösungen Denken!

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Souverän 2.0 agieren

Souveränität 2.0 bedeutet stimmig und damit glaubwürdig zu agieren – inkl. Ecken und Kanten, Fehlern und Pannen. Statt sich mit Perfektionismusstreben selbst unter kontraproduktiven Druck zu setzen, geht es bei Stimmigkeit um Authentizität, Angemessenheit bzgl. der Situation und Rollenklarheit. Während wir souverän 1.0 glauben, alles wissen und alles können zu müssen, ist es uns souverän 2.0 möglich, um Unterstützung zu bitten, Hilfe anzunehmen sowie uns ständig weiterzubilden und zu verbessern. Wir erliegen dem Irrglauben, dass „Das sollten sie besser machen!“ ein „Bisher war es schlecht.“ impliziert. Dabei ist „noch besser“ die Steigerung zu „schon gut.“

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Fehler- und Lernkultur fördern

Veränderungs- und Innovationskultur braucht wie auch unternehmerische Agieren eine Fehlerkultur. Offensichtlich war das schon in der chinesischen Tradition ein Thema, denn aus dieser Kultur gibt es die Weisheit:

„Besser auf neuen Wegen etwas stolpern
als in alten Pfaden auf der Stelle zu treten.“

Ist Ihnen schon aufgefallen, dass FEHLER durch Vertauschen weniger Buchstaben zum HELFER wird? Jürgen Schäfer zeigt in seinem Buch „Lob des Irrtums“ auf, welche Fortschritte und Erfolgsgeschichten Fehler und Irrtümer hervorgebracht haben. Marie von Ebner Eschenbach:

Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.“

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Konkrete Pannenhilfe

Natürlich strebe ich danach, dass ich Fehlern, Irrtümern und Pannen vorbeuge und sie vermeide. Doch ich werde sie nie ganz ausschließen. Wie jetzt konkret damit umgehen, wenn mir tatsächlich eine Unkorrektheit passiert ist?

  1. Anti-Mikado-Strategie: Wer sich zuerst bewegt, gewinnt Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Glücksfall ist es, wenn mir der Fehler vor dem Kunden auffällt. Souverän 2.0 können wir um Entschuldigung bitten. Wenn ich agiere und von mir aus anspreche, dass mir ein Versäumnis passiert ist, habe ich deutlich bessere Karten, als wenn ich vom Kunden angesprochen werde und reagieren muss. Z.B. „Ich habe heute gesehen, dass ich Ihnen noch nicht die Informationen übermittelt habe. Es tut mir leid, dass mir Ihr Mail durchgerutscht ist. Ich kann Sie Ihnen bis morgen Früh nachreichen. Wenn es für Sie sehr dringend ist, kann ich es auch in der Mittagspause ermöglichen.“
  2. Meiden Sie die Rechtfertigungsfalle: Wo ich früher mit tausend Gründen versucht habe, Schuld von mir abzuschieben, sage ich jetzt Danke z.B: „Danke für Ihre Rückmeldung.“ oder „Danke, dass Sie es sich so genau angesehen haben.“
  3. Bieten Sie Maßnahmen zur Begrenzung der Fehlerfolgen an: Dass der Fehler passiert ist, kann ich nicht ändern. So habe ich z.B. einem Kunden angeboten, dass ich die Vervielfältigung der Unterlagen übernehme und direkt mitbringe, weil es mit leider passiert ist, dass ich den Termin für die rechtzeitige elektronische Übermittlung der elektronischen Unterlagen versäumt habe.
  4. Geben Sie dem Kunden auch Rückmeldung, was sie aus der Panne gelernt haben und was sie tun, um zukünftig das Risiko kleiner zu machen. So bekommen die anderen mit, dass Sie die Sache ernst nehmen. „Niederfallen, aufstehen, Krone zurechtrücken und weitergehen“ liest man z.B. auf Facebook. Da fehlt etwas Wesentliches – nämlich reflektieren, was man zukünftig anders macht, um das Risiko des Sturzes zu reduzieren. Nur so wird aus gescheitert ein gescheiter.

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Kritik als Chance

Es heißt, dass gut bearbeitete Reklamationen sogar das Kundenvertrauen vertiefen. In kritischen Situationen wird das Vertrauen einer Bewährungsprobe unterzogen.

Mir selbst ist z.B. passiert, dass ich unter Zeitdruck einem Kunden irrtümlich die falschen Unterlagen übermittelt habe – noch dazu die eines Mitbewerbers meiner Auftraggeber. Zum Glück hatte ich vom Vorfeld mit offenen Karten gespielt. Es war bekannt, dass ich auch für den anderen aktiv bin. Das Antwortmail „Sie hätten wenigstens das Logo austauschen können.“ ist im Verhältnis für meinen Ausrutscher sogar noch ziemlich freundlich ausgefallen. Tief durchatmen. Mich wieder sammeln. Wieder klaren Kopf finden. Dann meine rasche Antwort noch von unterwegs: „Ich bitte um Verzeihung, dass mir dieser Irrtum passiert ist. In einer Stunde habe ich wieder Zugriff zu meinen Unterlagen. Dann maile ich Ihnen die richtige Datei.“ Nach knapp 45 Minuten konnte ich bereits meinen Irrtum korrigieren. Als ich dann das nächste Mal persönlich bei meinem Kunden war, habe ich mein Missgeschick noch einmal von mir aus angesprochen, um auszuloten, ob noch eine Missstimmung herrscht. Tatsächlich hat sich der Kunde bedankt, dass ich meinen Irrtum so zeitnahe behoben habe. Augenzwinkernd habe ich dann noch eines drauf gelegt und gemeint, dass das ein klassischer Fall von toxastischem Fallibilismus, d.h. die Unabänderlichkeit der Tatsache sei, dass Menschen mit ihrer Meinung gelegentlich falsch liegen. Damit habe ich den Humor von meinem Gegenüber genau getroffen. Souverän 2.0 hat er sich gefreut: „Wieder etwas gelernt. Das nehme ich meinen Wortschatz auf.“

Übrigens: Das bekannte Zitat

„Irren ist menschlich.“

von Cicero und Seneca dem Älteren hat die weniger bekannte Fortsetzung

„Aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch.“

Die größte Fehler sind, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen und Fehler zu verschleiern

Über: Monika Herbstrith-Lappe

Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln