„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Vermutlich kennen Sie diesen alten Spruch. Wir haben auch einmal geglaubt, dass die Erde eine Scheibe ist und es von daher gefährlich sei, vom Horizont, dem Ende der Welt zu kippen. Jetzt umrunden Schiffe, Flugzeuge und Satelitten unseren Planeten, Fotos aus dem Weltall zeigen ganz klar seine Kugelgestalt – und dennoch gibt es noch immer die „Flat Earth Society“, die an den alten Überzeugungen festhält. Dementsprechend braucht es sicher auch Geduld und Beharrlichkeit, bis sich die neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung und Psychologie verbreiten.

Unser lernfreudiges Hirn

Selbst Johann Wolfgang von Goethe unterliegt dem toxastischen Falibilismus, der Unabänderlichkeit der Tatsache, dass Meinungen gelegentlich falsch sind:

„Da steh‘ ich nun, ich armer Tor,
und bin so klug als wie zuvor.“

aus seinem Faust kann gar nicht stimmen. Unser Hirn lernt nämlich ununterbrochen, weil es sich die Hirnstrukturen durch Erfahrungen verändern. Eine zentrale Erkenntnis der Neurowissenschaften: unser Hirn ist höchst lern- und anpassungsfähig – und das auch im Erwachsenenalter. Ich teile den Wunsch von John O’Donohue

„Ich möchte leben wie ein Fluss fließt:
getragen von der Überraschung seiner eigenen Entfaltung.“

Be cause statt because

Unter Technikern grassiert der Witz „Wenn die Schraube locker ist, dann ist die Mutter Schuld.“ Und tatsächlich finden sich viele längst erwachsene Menschen, die immer noch glauben, wegen ihrer Kindheit nicht glücklich sein zu können. Diesen Menschen empfehle ich, das Buch „Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben“ vom dänischen Psychologieprofessor Ben Furman zu lesen.

In englischer Sprache bringt es „be cause“ statt „because“ auf den Punkt: sich selbst als Ursache des Lebens verstehen und nicht nur „ich kann ja nicht, weil …“ Begründungen finden. Albert Schweitzer fördert uns auf:

„Lasst uns aufhören,
unsere Probleme der Umwelt zuzuschreiben
und lasst uns wieder lernen,
Dinge selbst in die Hand zu nehmen und persönliche Verantwortung zu übernehmen.“

(Eigen-)Verantwortung die Zwillingsschwester der Freiheit

Die Lernfreudigkeit unseres Hirns ermöglicht, was Heinz von Förster sagt:

„Wir haben stets die Freiheit, uns jene Zukunft zu erfinden,
die wir morgen gestalten wollen.“

Er belegt auch die These:

„We are not human beings but human becomings.“

Dabei gilt es, die eigenen beschränkenden Glaubenssätze zu reflektieren und in Glaubenschätze umzupolen.

Erlernte Hilflosigkeit überwinden

Als zu Weihnachten 2004 der Tsunami viele Länder überflutete hieß es, dass in Khao Lak die Elefanten offensichtlich das nahende Unglück gespürt hätten und vom Gehege in die höher gelegenen Urwälder geflohen wären. Vielleicht haben Sie sich so wie ich gefragt, wie das möglich gewesen sein kann, wo sie doch eingesperrt waren.

Es ist völlig paradox: man kann einen dressierten Elefantenbullen an einem kleinen Stock festbinden. Tagsüber reißt er Urwaldriesen aus oder trägt riesige Felsbrocken beim Straßenbau. Am Abend lässt er sich durch eine geringe Barriere bremsen. Als kleines Elefantenbaby hat er gelernt, dass es keine Chance hat, an der Kette zu ziehen und es ihm höllische Schmerzen zufügt, zumal die Fußfessel innen mit Stacheln besetzt war. Irgendwann hat er so resigniert, dass er jetzt nicht einmal ganz vorsichtig an der Kette zu ziehen wagt. Wir alle haben mehr oder weniger solcher eingelernten Fesseln im Kopf. Das Buch „Wie der Elefant die Freiheit fand“ von Jorge Bucay ist ein berührendes Buch zu diesem Thema – für Menschen von 3 bis 99 Jahren. Denn wie es der Autor formuliert:

„Kinder erzählt man Geschichten zum Einschlafen.
Erwachsenen, damit sie aufwachen.“

Übrigens wir Menschen haben auch erlernte Hilflosigkeit verinnerlicht. So durfte ich als Kind keine Katze besitzen, obwohl es mein sehnlichster Wunsch war. Erst im Alter von 42 Jahren hatte ich die Erkenntnis, dass ich jetzt nicht mehr auf die Erlaubnis von meinem Vater angewiesen bin sondern selbst die Entscheidung treffen kann. Oder ein banaleres Beispiel: Ich habe meine Tochter als Schülerin vom TGM, der Schule der Technik abgeholt, an der ich früher lange unterrichtet. Ganz erstaunt fragte sie mich: „Mama warum fährst du so kompliziert um den Häuserblock?“ Meine Antwort: „Anders herum ist ein Linksabbiegeverbot.“ Meine Tochter belustigt: „Mama da ist jetzt eine eigene Linksabbiegespur!“ Eine ehemalige Beschränkung, die gar nicht mehr existiert, hat dennoch mein Verhalten anhaltend geprägt.

Von beengenden Gedanken-Korsetten lösen

Drum meint auch Viktor Frankl:

„Die schlimmsten Mauern sind die Gefängnismauern im eigenen Kopf.“

Als Kinder hatten wir Freude mit dem Wortwitz des Liedtextes „Wenn du denkst, du denkst …

„Denke nie, gedacht zu haben,
denn das Denken der Gedanken
ist das gedankenlose Denken.
Wenn du denkst, du denkst,
dann denkst du nur, du denkst.
Aber denken tust du oft nicht.“

Hier können Sie das Lied aus den 70er-Jahren gesungen von Juliane Werding hören: Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur du denkst!

Ein mutiges Lied. Ganz im Sinn der Aussage von Virginia Satir:

„Wir dürfen uns von den
begrenzten Wahrnehmungen anderer
nicht definieren lassen!“

Nutzen Sie die Kraft des JETZT

Wenn Sie sich beim Gedanken ertappen: „Das kann ich nicht.“ oder „Schon als Kind konnte ich nicht.“ oder „So bin ich halt.“ oder „Das war schon immer so.“, könnten Sie es sich zur Gewohnheit machen: „BISHER war das so.“ oder „DERZEIT fällt es mir noch schwer.“ und in Folge: „Ich entscheide mich JETZT etwas Neues zu probieren.“ Es ist unglaublich, was alles JETZT möglich ist, wenn wir uns dafür entscheiden – auch wenn wir es BISHER für völlig ausgeschlossen gehalten haben. JETZT ist der ideale Zeitpunkt für Entscheidungen. Denn sonst gilt der Spruch von Christa Busta: „Morgen werde ich beginnen. Gestern wollte ich heute schon.“ Wissenschaftlich heißt unsere Neigung zum Aufschieben Prokrastination. Von daher ist es entscheidend, innerhalb von 72 Stunden einen ersten Schritt zu setzen. Auch wenn die BISHER gedachten, empfundenen und praktizierten Muster im Hirn einen großen Einfluss auf uns haben: wir können neue, lösungsorientierte, unserer jetzigen Lebenssituation zuträglichen Muster entwickeln – wenn wir den Schritt von der Komfortzone des Vertrauten in die Komm-Vor-Zone des Möglichen wagen.

In Finnland gibt es den Spruch:

„Wer ins kalte Wasser springt,
taucht ins Meer der Möglichkeiten“

Mein wohltemperiertes Möglichkeits-Meer heißt Sie immer wieder willkommen! Mehren Sie Ihre Möglichkeiten!

Über: Monika Herbstrith-Lappe

Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln