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Wenn wir uns ärgern, herrscht in unserem Hirn ein archaischer Stresszustand, zu dem bei manchen auch kindlicher Trotzverhalten wie z.B. lautes Schreien, das Werfen von Gegenständen und Türen zählt. Stress erzeugt Tunnelblick und verunmöglicht kreative Lösungen. Das ist evolutionspsychologisch auch höchst sinnvoll: Weil wir in Gefahrensituationen kämpfen oder fliehen müssen, schaltet unser Körper alle nicht-lebenswichtige Funktionen und alle ablenkende Sinneseindrücke aus.  Automatisch wird das Blut in unsere Gliedmaßen umgeleitet. Dieses biologische Überlebensprogramm ist für unsere Vorfahren in der Steppe optimiert. Da Zubeißen oder -schlagen keine adäquate Strategie im heutigen (Business-)Leben ist, sollten wir kluge Alternativen zu Ärger entwickeln.

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  1. Wie viel Ärger ist es mir Wert?

Ärger ist hochkonzentrierte Lebensenergie mit Wirkungsgrad 0: Wir sind der Lösung keinen Schritt näher. Sich1 Stunde zu ärgern benötigt ungefähr die gleiche Energie wie ca. 8 Stunden produktives Arbeiten. Bei Profi-Ärgerern, sogenannten Cholerikern – zu erkennen an dicken Halsadern und hochrotem Gesicht – entspricht es sogar bis zu 20 Stunden. Ein stressmindernder Gedanke ist: „Nicht jeder und nicht alles ist die wertvolle Energie meines Ärgers Wert!“ Stellen Sie sich die Frage „Wie viel Ärger möchte ich in diese Situation investieren?“ und weichen Sie den meisten Ärgernissen gekonnt aus.

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  1. Raus aus der passiven Haltung

Meist empfinden wir: „Er/sie/es ärgert mich!“ Damit erliegen wir einem Irrtum. Es gibt  nur einen Menschen, der mich ärgern kann: „Ich ärgere mich über ihn/sie/es – oder auch nicht.“ Die Entscheidung liegt bei mir. Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela bringt es auf den Punkt: „Sich zu ärgern gleicht dem Trinken von Gift und dann zu hoffen, es würde deine Feinde töten.“ Wenn wir uns über andere Autofahrer, die IT oder Kollegen ärgern, so schädigen wir damit die neuronalen Brücken in unserem eigenen Hirn.

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  1. Von der Fremdsteuerung zur Eigenwirksamkeit

Andere machen nur Ärgerangebote. Sie müssen nicht alle annehmen. Erstellen Sie sich ein Ärgerbudget. Genüsslich können Sie sich dann denken: „Er hat sich ja redlich bemüht, mich zu ärgern. Doch für diese Woche ist mein Ärgerbudget schon erschöpft.“ Sie könnten sich auch ein Ärger-Ranking erstellen und mit sich die Vereinbarung treffen, jeweils die Top-Zehn der Ärgerangebote anzunehmen.

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  1. Lustvoll ärgern statt ärgerlich ärgern

Besonders hartnäckig und gleichzeitig kontraproduktiv ist der Ärger über den eigenen Ärger. Am meisten ärgert mich, dass ich den Ärger nicht loswerden kann. Buddha: „An Ärger festhalten ist, wie wenn du ein glühendes Stück Kohle festhältst mit der Absicht, es nach jemandem zu werfen. Derjenige, der sich dabei verbrennt,  bist du selbst.“ Eine Alternative dazu könnte sein: „Diesen Ärger gönne ich mir! Ich ärgere mich lustvoll im Bewusstsein, dass mir der Mensch oder die Sache wertvoll ist!“

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  1. Souverän 2.0 raus aus der Falle des schlechten Gewissens

Häufig machen sich andere die Mühe, ihre Ärgereinladungen an Sie maßzuschneidern: So zielen Killerargumente häufig auf die Achillesferse, um das Gegenüber in die Rechtfertigungsfalle zu locken oder noch wirkungsvoller die Werte zu attackieren. Was den Anderen Macht über Sie gibt, ist Ihr eigenes schlechtes Gewissen! Deaktivieren Sie diese Angriffsknöpfe. Lassen Sie die anderen nicht auf Ihrem Klavier spielen.
Hilfreich dafür ist das Konzept „Souveränität 2.0“: Souverän 1.0 wollen wir perfekt agieren, alles wissen und alles können. Souverän 2.0 bedeutet stimmig zu agieren inkl. Ecken & Kanten, Fehler & Pannen. Souverän 2.0 fällt uns kein Stein aus der Krone, wenn einmal etwas schief gelaufen ist. Übrigens FEHLER wird durch das Vertauschen weniger Buchstaben zum HELFER. Wo es souverän 1.0 peinlich wäre, etwas nicht zu wissen, können wir uns 2.0 freuen, wieder etwas gelernt zu haben.

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  1. Ärgernisse als Widerstand, an dem wir wachsen können

Meine Tochter hat im Alter von drei Jahren schon ausgesprochen: „Ich weiß genau, worüber du dich ärgerst.“ C. G. Jung: „Alles, was uns an anderen irritiert, kann zu mehr Verständnis unserer selbst führen.“ Statt in den Ärger könnten Sie daher in die Selbstreflexion gehen: „Welche Muster in mir werden dabei aktiviert?“ „Worin besteht dabei meine Lernaufgabe?“ So wie Muskeln an Widerstand gestärkt werden, könnten Sie herausfordernde Zeitgenossen als kostenlose Sparring-Partner zur Förderung ihrer Souveränität nutzen.

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  1. Auf die eigene Standfestigkeit achten

„Was juckt die deutsche Eiche, wenn das Wildschwein schabt.“ wird Konrad Adenauer zugeschrieben. Ärgernisse erwischen uns hingegen am falschen Fuß. Embodiment beschreibt die Wechselwirkung zwischen Körper und Psycho. Achten Sie auf Ihren guten Stand, um Ihre Standpunkte gut vertreten zu können. Wenn Sie festen, klaren Schrittes gehen, können Sie Bewegung in Pattsituationen bringen. Und wenn Sie Knautschbälle oder einen Boxsack nutzen, so können Sie aus Ärgernissen über körperliche Aktivitäten ausagieren.

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  1. Auf die Palme zurückziehen bevor Sie andere auf die Palme bringen

„Wenn dir etwas Ärgerliches passiert, nicht ärgern sondern wundern. Wenn dir etwas Wundervolles passiert, nicht wundern sondern freuen.“ In der Fachsprache heißt diese Volksweisheit: Dissoziieren Sie sich zu Ärgernissen, indem Sie den Schutz der Beobachterrolle einnehmen und assoziieren Sie sich mit Ihren freudvollen Momenten, indem Sie diese beglückend auskosten. „Unglaublich! Wem könnte ich diese außergewöhnliche Geschichte erzählen?“ „Wenn das nicht mir passiert wäre, sondern meinem Freund, was würde ich ihm empfehlen?“ „Wie werde ich in einiger Zeit auf diese Episode blicken?“ sind Methoden des sogenannten Reframings, um Dinge – in einem anderen Rahmen betrachtet – anders sehen zu können.

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  1. Humor als gesunde Alternative zu Ärger

Karl Valentin: „Jedes Ding hat 3 Seiten: die negative, die positive UND die komische.“ Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir uns viele Pannen im Nachhinein als lustige Geschichten erzählen. In meiner Familie gilt daher die Devise: „Irgendwann finden wir es lustig, dann können wir doch gleich darüber lachen.“ Entwickeln Sie ein Gespür für die Pointen des Lebens. „Humor ist der Knopf, den wir öffnen können, bevor uns der Kragen platzt.“ beschreibt Joachim Ringelnatz die befreiende und entspannende Wirkung von herzhaftem Lachen.

  1. Glücksmomente kultivieren

„Hör auf an die Ärgernisse zu denken!“ ist ein paradoxer Appell. Wir können nicht NICHT denken sondern nur Umdenken. Lust und Stress sind in unserem Hirn unvereinbar. Darum greifen wir in stressigen Situationen je nach Geschmack zu Schokolade, einem Bier oder einer Zigarette. Die entspannende Wirkung des Aus- und Durchatmens können Sie auch ohne Nikotin erfahren. Tatsächlich ist Atmen nach Lachen das zweitwirkungsvollste Mittel gegen Stress. Der Gedanke: „Wie dankbar bin ich, in meiner Haut zu atmen.“ ist ein Schutzmantel unter dem Sie Distanz zu Ärgernissen wahren können. Da Ärgernisse unsere Glücksregionen im Hirn schädigen, ist es sinnvoll, an etwas Erfreuliches und Lustvolles zu denken, nachdem Sie sich Ärger gegönnt haben. Ich denke z.B. an fröhlich-bunte Papageienfische, die sich während sie schlafen in eine Schleimblase hüllen, damit sie von ihren Fressfeinden den Muränen nicht gerochen werden können.

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Dieser Beitrag ist am 9.11.2016 im 3MinutenCoach erschienen.

Über: Monika Herbstrith-Lappe

Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln