„Holografie ist eine vielversprechende Technologie, die das Potenzial hat, den Markt für Keynote-Speaker zu revolutionieren. Es ist noch zu früh, um die Auswirkungen abzuschätzen, aber es ist klar, dass Holografie ein wichtiger Bestandteil des Business-Speaker-Marktes sein wird.“

Christoph Wirl, Herausgeber vom Magazin TRAiNiNG hat u.a. mit mir ein Interview bzgl. neuer Vortragstechnologien und überhaupt Trends im Markt der Speaker:innen geführ.

Hier meine Antworten

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C.W.: Auf welche technischen Neuerungen müssen sich Speaker derzeit und in den nächsten 5 Jahren einstellen?

Als Corona-bedingt plötzlich unglaublich Vieles auf Online umgestellt wurde, hat sich ein höchst wünschenswerter Nebeneffekt eingestellt: Menschen sind fehlertoleranter geworden. Das gemeinsame Meistern der Herausforderungen der Krise hat eine wunderbare Solidarität gefördert. So ist man technische Pannen mit liebevoll-fürsorglichem Verständnis begegnet und Unzulänglichkeiten in Bild und Ton wurden großzügig toleriert. „Kann man mich hören?“ ist fast schon zur Begrüßungsformel geworden. Diese Schonfrist ist jetzt vorbei. Auftraggeber:innen und Publikum wünschen sich bei Online-Vorträgen zurecht nicht nur inspirierenden Inhalt und begeisternde Performance, sondern auch professionelle Technik. Schließlich wird für Online-Vorträge auch meist das gleiche wie für Präsenz-Vorträge bezahlt.

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C.W.: Welche Vorteile sehen Sie bei der Holografie Technik?

Die 3-Dimensionalität kann das Miterleben des Publikums unglaublich fördern. Das Höhengefühl von Bergsteigern oder vom Fliegen kann mit Holografie wesentlich intensiver und hautnäher vermittelt werden. Von daher ist es für mich schon höchst reizvoll, mir mein Meer der Möglichkeiten, die vielfältigen Ökosysteme tropischer Riffe, die schwerelose Leichtigkeit des Schwebens unter Wasser, Begegnungen mit Mantas und Haien beim Tauchen dreidimensional mittels Holografie auf den Bühnen vorzustellen.

Der große Vorzug der Dreidimensionalität besteht darin, das Publikum noch sinnlicher eintauchen zu lassen in andere Welten. Dadurch lässt sich nicht nur die Dramaturgie durch Mitfiebern zwischen Hoffen und Bangen steigern, sondern es bietet auch viele kognitive und didaktische Möglichkeiten. Ein Neuroscience-Vortrag, bei dem man sich mittels Virtual Reality im menschlichen Gehirn orientieren kann ist drastisch anschaulicher und einprägsamer als der beste Vortrag mit zweidimensionalen Bildern. Ähnliches wie für die Anatomie gilt für Vorträge bzgl. Architektur, technischer Anlagen oder physikalischer Prozesse.

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C.W.: Wie sieht das Honorar bei Online-Speeches aus?

Ich verrechne für Online-Speeches das gleiche Honorar wie für Präsenzvorträge. Ja, ich erspare mir die Reisezeit. Die Kund:innen ersparen sich aber die Reisespesen – nicht nur meine, sondern vor allem die der Teilnehmenden. Online ähnlich wirksam zu sein wie in Präsenz erfordert auch eine noch intensivere Vorbereitung und einen wesentlich höheren persönlichen Einsatz. In einem Raum mit vielen Anwesenden werde ich nach dem Start vom Flow des gemeinsamen Erlebens getragen. Hinter der Kamera muss ich diese Energie mit meiner Vorstellungskraft selbst schaffen. Ganz abgesehen von dem hohen technischen Aufwand, der dahintersteckt.

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C.W.: Welche Nachteile?

Die Möglichkeiten von Holografie und Virtual Reality sind nur dann sinnvoll, wenn es der Botschaft dient. Kontraproduktiv wird es, wenn es ein effektheischendes Konkurrenzprogramm zum Inhalt wird. „Die Dosis macht das Gift zur Medizin.“ gilt ganz besonders für wirkmächtige Technologien. Hier gilt auch: „Weniger ist mehr.“ Zu den Grenzen in Richtung Kitsch, Banalität und Klischees sollte man ausreichend Abstand halten. Viele kennen es: man liest einen genialen Roman und ist dann enttäuscht, wenn man ihn verfilmt sieht. Ansprechende Worte erzeugen Kopfkino und beflügeln die eigene Fantasie. Schade ist, wenn diese durch einengende vorgegebene Visualisierungen und Geräusche beschränkt werden.

Ein absolutes NoGo ist es, wenn die virtuellen nonverbalen Botschaften die angestrebte und mit Worten behauptete Botschaft konterkarieren. Wenn es z.B. im Vortrag darum geht, wie wichtig persönliche Gespräche sind, um das Vertrauen von Menschen zu gewinnen und dies von täuschen ähnlichen Avataren gesprochen wird, ist dies in sich widersprüchlich. Intuitiv vertrauen Menschen den nonverbalen Botschaften mehr. Es schürt Misstrauen, wenn Botschaft und Form der Vermittlung nicht stimmig sind.

Ein großer Nachteil ist dzt. noch, dass die Speaker wie hinter einem durchscheinenden Vorhang stehen. Die meisten Objekte erscheinen auch nicht im Hintergrund, sondern vor dem Speaker. Beides erhöht die Distanz zum Publikum. Da stellt sich mir die Frage, ist die erhöhte Wirkung durch die 3D-Möglichkeiten dieses Hemmnis wert. Für mich heißt das, dass ich das Meer der Möglichkeiten erst dann mittels Holografie 3D auf die Bühnen bringen werde, wenn diese hybrid möglich ist: Starten im uneingeschränkten Kontakt zum Publikum als Höhepunkt in 3D abtauchen, um die Botschaft einprägsam zu vertiefen, und dann wieder zu den Menschen aufzutauchen.

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C.W.: Werden in Zukunft auch bald Avatare eines Speakers auf mehren Bühnen gleichzeitig stehen?

Ich kann mir gut Settings vorstellen, wo dies sinnvoll ist. Durch die Online-Konferenzen während der Pandemie hat die Reisebereitschaft zu Konferenzen abgenommen und ist der Druck auf Mitarbeitende hinsichtlich Reisespesen zu reduzieren gestiegen. Veranstalter gehen deshalb auch dazu über statt einer großen zentralen Konferenz ein Netzwerk von gleichzeitigen regionalen Veranstaltungen zu organisieren. Hier die Speaker auf die unterschiedlichen Orte zu verteilen und jeweils an den anderen Orten als Avatare auftreten zu lassen, stelle ich mir als sehr sinnvoll vor. Ein wichtiger ethischer Grundsatz im Einsatz von künstlicher Intelligenz ist es, diese immer als solche erkennbar zu machen. Ziel der Gestaltung von Avataren sollte daher nicht verblüffende Ähnlichkeit mit der Realität sein, sondern vielmehr eine gute Karikatur, die die markanten Erkennungszeichen erkennbar als künstliches Design und nicht als dreidimensionales filmisches Abbild widerspiegelt. Liebend gerne hätte ich einen Albert Einstein- oder Max Reinhardt-Avatar in Wien erlebt während diese zeitgleich in New York gesprochen haben.

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C.W.: Wie hat sich davon abgesehen der Markt in den letzten 3 (Corona-)Jahren verändert?

Nach den langen andauernden Einschränkungen herrscht wieder große Sehnsucht nach wirklichen Begegnungen mit Menschen. Neben dem einen Trend zu mehr technischen Effekten gibt es auch den gegenläufigen Trend: Das Publikum will auf der Bühne Menschen erleben, die andere an ihren persönlichen Erfahrungsschätzen offenherzig teilhaben lassen. Eine Sättigung besteht hingegen gegen – männliche und weibliche – Heroe Sagas im Sinne von „Schaut her, was ich für ein toller Hecht bin. Ich gebe Euch Erfolgsgarantie. Jeder, der es ab jetzt nicht auch so macht wie ich, ist einfältig.“

Die unzähligen Online-Vorträge der letzten Jahre bieten dem Publikum Vergleichsmöglichkeiten. Der Qualitätsanspruch ist daher deutlich gestiegen. Das ist auch gut so.

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Den Artikel „Schöne neue Speaker Welt?“ können Sie hier lesen.

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Auftrittsvideos von mir finden Sie auf meiner Speaker-Seite www.VortragMotivationHumor.com

Über: Monika Herbstrith-Lappe

Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln