Klassische Führung von Command and Control funktioniert nicht mehr. Die Mitarbeitenden der jungen Generationen spielen da nicht mehr mit.

Direkte Führung ist auch zu schwerfällig und langatmig für die aktuellen dynamischen Herausforderungen. Die Welt ist im Umbruch. Von der Digitalen Transformation bis zur Energiekrise und der Klimakatastrophe ist klar, dass sich auch in den Unternehmen Vieles ändern muss. Management reicht nicht mehr. Es braucht auch Leadership.

  • Wie muss sich dieses in Anbetracht der vielen radikalen Veränderungen im Umfeld ändern?
  • Wo kann man dafür Orientierung finden?

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Reflexion als Voraussetzung für Verhaltensänderung

Der Physiker Moshé Feldenkrais, Begründer der Feldenkrais-Methode bringt es auf den Punkt:

„Nur wenn ich weiß, was ich tue,
kann ich tun, was ich will.“

In der Feldenkrais-Methode geht es um Bewegungsabläufe, die in Richtung Gesundheitsförderung optimiert werden. Für Verhaltensweisen gilt es analog: Selbstreflexion und Bewusstheit meiner Gewohnheiten sind die Voraussetzung, um Vertrautes in Richtung noch effektiverer und zielführenderer Möglichkeiten weiter zu entwickeln. Seit der Entwicklung der Quantenphysik ist klar: Jede Beobachtung wird durch die Beobachtenden beeinflusst. Für die Selbstbeobachtung gilt das ganz besonders. Unser vertrautes Verhaltens-Repertoire ist uns so selbstverständlich, dass wir es häufig nicht wahrnehmen, geschweige denn hinterfragen oder ändern können. Dazu braucht es zusätzliche Perspektiven.

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Verdichtung der Wirklichkeit

Der Begriff „Dichtung“ verdeutlicht, dass gute Literatur reale und mögliche Wirklichkeiten verdichtet, d.h. auf wesentliche Aspekte konzentriert. Das erinnert mich an meine Wurzeln im Qualitätsmanagement: Wie kann man im Labor in angemessener Zeit testen, ob die Funktion z.B. von Weichensteuerungen für Schienen über eine Lebensdauer von 50 Jahren gewährleistet ist? Man hat Methoden des „Accelerated Life Testing“ entwickelt. Man verschärft die Rahmenbedingungen wie z.B. Belastungswerte, Temperatur oder Luftfeuchte, die den Alterungsprozess beschleunigen. Innerhalb von wenigen Tagen kann man so unter extremen Bedingungen die Aussagen über Jahrzehnte unter normalen Bedingungen treffen.

Tiefgründige Literatur macht das auch – ganz besonders Theaterstücke: Die Schicksale von einzelnen Menschen oder sogar Generationen von Menschen werden in wenigen Stunden erfahrbar. Die langfristige Wirkung von Verhaltensstrategien, Taktiken und Aktionen wird so unmittelbarer sichtbar.

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Welttheater als Spiegel der Erkenntnis

Anna Badora, erste Frau, die am renommierten Max Reinhardt Seminar Regie studiert hat, ehemalige Intendantin des Schauspielhauses Graz und des Volkstheaters Wien, hat unterschiedliche Führungsverhalten in der Weltliteratur gesammelt. Mit einem Ensemble setzt sie diese theatralisch um. Anna Badora:

„Seit der griechischen Antike bis heute beschäftigen sich Theaterautoren mit dem Wirken autokratischer Herrscher, Königinnen und Könige, Diktatoren, mit Formen der Machtausübung, der Personenführung, mit einem Diskurs, welche Rolle dabei die sog. Stimme des Volkes spielt. Von Aischylos über Shakespeare bis zu Schiller geht es auf der Bühne immer um Figuren, die Macht haben, erleiden, erkämpfen oder verlieren, nicht viel anders als im täglichen Machtkampf unter Managern, wenn auch meist weniger tödlich, aber letztlich auch existenziell. Bei modernen Autoren wie Roland Schimmelpfennig oder Urs Widmer geht es um Führungsstrategien und Führungsstile von Top-Managern.

Ein kühner Ritt über 2500 Jahre Kulturgeschichte, der anhand ausgewählter Theaterszenen exemplarisch unterschiedliche Führungsstille und -techniken zeigt, jeweils typisch für Epochen, aus denen sie stammen, aber doch universell gültig, da wo Menschen Macht über Menschen ausüben.“

Führungskräfte erleben unterschiedliches Führungsstrategien und deren Auswirkungen zwischen Gedeih und Verderben. Im Anschluss wird unter Anleitung von Schauspielern und Regisseuren, die besonders darin geschult sind, nicht nur augenscheinliche, sondern auch verborgene Botschaften wahrzunehmen, in Bezug auf die eigene Führungsrolle reflektiert.

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In geschütztem Rahmen erproben

In der Grundhaltung, dass die unterschiedlichen Führungsstrategien jeweils Vor- und Nachteile haben und in unterschiedlichen Situationen jeweils sinnvoll sein können, können sich Führungskräfte sowohl mit den Führungsstilen befassen, die für sie besonders ansprechend sind als auch mit jenen, die ihnen besonders fern liegen. Im Sinne von C. G. Jung Ausspruch

„Alles, was uns an anderen irritiert,
kann zu mehr Verständnis unserer selbst führen.“

wird beides genutzt, um für sich als Leader zu lernen und das Handlungs-Repertoire zu erweitern. Die verfeinerte Wahrnehmung von Schauspielern und Regisseuren wird dabei wie ein Vergrößerungsspiegel genutzt.

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Von Regisseur:innen für agile Führung lernen

Regie-Führung ist Projekt-Führung: Regisseur:innen sind meist nicht im Theater angestellt, sondern werden als Externe für ein einzelnes Stück engagiert. Auch wenn Sie angestellt sind, sind sie in der Regel nicht disziplinarische Führungskräfte der angestellten Schauspieler. Regisseur:innen sind Leader, die nicht mit der Macht der Hierarchie, sondern nur mittels Vertrauens führen können. Schauspieler zeichnen sich durch hohe Selbstmotivation und Eigeninitiative aus, so wie agile Methodiken nur dann Erfolgschancen haben, wenn die Mitarbeiter hohe Selbstwirksamkeit aufweisen.

Führungsverantwortung der Regisseur:innen ist einerseits für klare Ziele zu sorgen. Das zeitliche Ziel ist im Gegensatz zu so manchen Business-Projekten in Stein gemeißelt: Der Termin der Premiere im Spielplan ist mit Ausnahme von extrem seltenen Ausnahmen verschiebbar. Das inhaltliche Ziel ist das Thema und die zentrale Botschaft des Stückes. Zwar sind Theaterstücke meist von einem Autor vorab verfasst, doch der/die Regisseur:in beleuchtet es aus einer von ihm vorgegebenen und mit dem Team verfeinerten Fragestellung. Der/die Regisseur:in gibt vor, WAS das Stück erzählen soll. Die Schauspieler:innen gestalten, WIE es erlebbar wird.

Damit das gelingen kann, ist es das Leadership der Regisseur:innen, die eine schützende Blase aus Konzentration und Vertrauen schafft und es so Schauspielern ermöglicht, ganz in ihrer Rolle aufzugehen und ihr Bestmögliches zu geben. Das von Mihály Csíkszentmihályi beschriebene Flow-Erleben ist der Nährboden auf dem die gewünschte Performance glücken und beglücken kann.

Im Probenprozess nehmen die Figuren allmählich Form an und es kristallisieren sich die Szenen aus. Hier ist es Aufgabe der Regisseur:innen, den Akteur:innen Feedback zu geben. Dies wird nicht wertend im Sinne von richtig oder falsch bzw. gut oder schlecht formuliert, sondern immer nur, welchen Beitrag es in Bezug auf das angestrebte Ziel leistet.

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Ensemble zusammenstellen

Im Theater wie im Business ist das Casting von wesentlicher Bedeutung. Einerseits geht es darum, wer welche Rolle(n) übernimmt. Übrigens nicht nur im Business sind dafür häufig die Entscheidungsbefugnisse und Wahlfreiheit beschränkt. Im Theater geht es auch darum, im Stammensemble für ausgewogenen Spieleinsatz zu sorgen. Regisseure haben nur beschränkte Möglichkeiten, externe Schauspieler zu engagieren. Es sind Glücksfälle, wo „Idealbesetzungen“ möglich sind. Meist geht es darum, dass Schauspieler:innen in ihrer Weise das Bestmögliche im Sinne der Rolle und des Themas geben.

Andererseits ist die stimmige Zusammensetzung des Ensembles erfolgsentscheidend. Gegenseitiges Vertrauen ist die Voraussetzung für engagiertes Zusammenspiel. Was sich im Business erst langsam herumspricht ist im Theater selbstverständlich: Diversität ist für ein Team höchst bereichernd. Das Zusammenwirken unterschiedlicher Charaktere ermöglicht spannende Handlung.

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Von Schauspieler:innen für gewinnende Wirkung lernen

Bei meinen zahlreichen Interviews mit Regisseur:innen und Schauspieler:innen war für mich zunächst überraschend, welch große Rolle Authentizität in der Schauspielkunst hat. Peter Zadek, prägender Regisseur des deutschsprachigen Theaters, ist um eine Grußbotschaft für die Schauspielstudierenden am Max Reinhardt Seminar gebeten worden. Seine Wortspende:

„Wir wollen Euch ermöglichen, Euch kennenzulernen,
dazu zu stehen, wer Ihr seid
und nicht immer demonstrieren zu müssen, wer Ihr seid.
Technik ist ein nützlicher Zusatz.“

Das kann man auch als Grundsatz für Leadership-Aus- und Weiterbildungen nehmen.

Übrigens, so wie sich die Diskussion hartnäckig hält, ob man Leadership lernen kann und dafür Aus- und Weiterbildungen sinnvoll sind oder ob man zum Leader geboren sein muss, gab es diese Diskussion auch lange bzgl. der Schauspielkunst. Konstantin Stanislawski hat im Theater diese Frage geklärt, indem er den modernen Schauspielunterricht begründet hat. Natürlich verfügen Schauspieler über spezielle Talente. Nicht jeder kann erfolgreicher Schauspieler werden. UND es gibt Methodiken, die man erlernen kann und für die Bühnenzulassung auch nachweislich gelernt haben muss. Bezeichnend ist, dass zwei der drei Bände des immer noch häufig genutzten Klassikers des Schauspielunterrichts „Die Arbeit des Schauspielers an sich selbst“ betreffen und nur einer „Die Arbeit des Schauspielers an der Rolle.“

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Handlung durch Aufeinanderprallen von Interessen

Aufgabe der Schauspieler:innen ist es, durch die Augen der von Ihnen verkörperten Figur auf das gemeinsame Thema zu schauen und die Interessen der Figur glaubhaft und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu vertreten. Wenn im Zuge der Begegnungen Interessen aufeinanderprallen, dann gilt es diese zu verhandeln. Daraus entsteht dann die Handlung.

Das ist für mich die spannendste Erkenntnis aus der Zusammenarbeit mit vielen Theaterschaffenden: Jede Inszenierung lebt von einem zentralen Konflikt, der im Zuge des Stücks in welcher Weise auch immer die Handlung vorantreibt. Der Appell von Robert Kegan:

„Betrachte Konflikte immer als Aufeinanderprallen von Ideen, nicht von Menschen.“

wird im Theater konsequent gelebt. Auch wenn Schauspieler die ärgsten Feinde verkörpern, gilt immer als oberster Grundsatz, den anderen in seiner Rolle gut aussehen zu lassen. Erfolg kann sich nur einstellen, wenn man MITEINANDER spielt. Für gegenseitiges Ausspielen ist im Ensemble kein Platz.

Möge sich auch im Business dieses Zitat von Max Reinhardt aus seiner großen Rede über den Schauspieler durchsetzen:

„Diese Kunst ist eine gemeinschaftliche Kunst,
eine Ensemblekunst und nur im Ensemble,
in dem einer für alle und alle für die Sache wirken,
blüht das unverwelkliche Wunder des Theaters.“

Konkurrenz macht krank. Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen meistern.

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Über: Monika Herbstrith-Lappe

Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln